Pforzheim – Die Mischung macht’s REVISITED #5

Pforzheim - Die Mischung macht's REVISITED #5

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Movie Artwork

Zu Gast: Ömer Nazli (Türkei, in Pforzheim seit 1968), Eyas Elias (Irak, in Pforzheim seit 2015) und Steffen Vallon (Deutschland) in Pforzheim seit 2004

In Pforzheim lebt die Welt. Menschen aus mehr als 140 Nationen – viele bei uns geboren. In den Kurzfilmen von PF-Die Mischung macht’s wurden seit 2010 47 Menschen mit vielen verschiedenen kulturellen und religiösen Hintergründen portraitiert. Nun möchten wir diese Menschen wieder treffen, sie anhand ihrer Filmportraits vorstellen und mit ihnen sprechen wie sich ihr Lebensweg in den letzten Jahren gestaltet hat.

Gastarbeiter und Flüchtling

Der Kontrast ist interessant und aufschlussreich: Ömer Nazli ist vor über 50 Jahren als 14-Jähriger im Zug der Rekrutierung von Gastarbeitern mit Mutter und Bruder aus der Türkei nach Pforzheim gekommen. Der Jeside Eyas Elias floh, von den IS-Truppen wegen seines Glaubens bedroht, aus dem Irak und lebt seit 2015 in Pforzheim. Die vor mindestens zehn Jahren im Film aufgenommenen Geschichten der beiden Männer werden am fünften Abend der Reihe „Pforzheim – die Mischung macht´s revisited“ im Kommunalen Kino Pforzheim (Koki) noch einmal abgespielt und im anschließenden Podiumgespräch mit der heutigen Realität abgeglichen. Daraus entwickelt sich ein lebhafter Dialog mit dem überwiegend aus Stammpublikum bestehenden Saal.

Meinungen gehen auseinander

Die Meinungen, wie gut Flüchtlinge damals und heute aufgenommen werden gehen weit auseinander. Jedenfalls schält sich aber eine einhellige Meinung heraus: Ömer Nazli erzählt, dass man im Jahr 1968 als Gastarbeiter keine Wahl bezüglich des Wohnorts gehabt habe, dass man es als Migrant schwer hatte und keine Hilfe von Ämtern oder Behörden zu erwarten war. Eyas Elias hatte eher Glück mit vielen ehrenamtlichen Helfern, die die Flüchtlinge im Container aufsuchten, hat es aber auch durch seine offene und integrationswillige Art geschafft, wie sein deutscher Freund Steffen Vallon bestätigt. „Wir haben uns bei einem Festival kennen gelernt“, erzählt Steffen Vallon, der sich auch bei seinem Arbeitgeber Q-Prints&Services mit Menschen mit Migrationshintergrund umgibt.

„Heute geht ist man Ausländer mehr gewöhnt“

„Heute ist man es eher gewöhnt, mit Ausländern umzugehen“, konstatiert Ömer Nazli, der von seinem Sohn Emre Nazli aus dem Publikum viel Zuspruch erhält. Dieser dolmetscht auch in gewisser Weise und drückt – von zustimmendem Kopfnicken begleitet – oft aus, was der Vater erlebt hat. Er habe, so sagt Emre Nazli, für seine Kinder und Enkel den Boden bereitet und ihnen immer Mut gemacht, rauszugehen und sich in der Gesellschaft zu integrieren. Sonst wäre er, so der stellvertretende Fraktionssprecher der Grünen Liste, wohl auch nicht in die Politik gegangen. Elyas Elias wiederum hat sich sofort daran gemacht, die Sprache zu lernen. „Ich bin in die Stadtbibliothek gegangen und habe Kinderbücher gelesen“, berichtet der heutige Integrationsmanager von seiner Vorgehensweise. Von Fremdenfeindlichkeit und schiefen Blicken kann er im Gegensatz zu Ömre Nazli nicht berichten. Diesen ärgert vor allem die Gruppenhaft. Wenn ein türkischer Landsmann etwas angestellt hätte habe es sofort geheißen „was habt ihr gemacht“. Schlimmer findet dessen Sohn Emre, dass man wegen seines Äußeren oft in eine Ecke gestellt werde, „obwohl man doch hier geboren ist“. Seine Kinder und damit die Enkel von Ömre Nazli wachsen zweisprachig auf.

Enkel wachsen zweisprachig auf

Die Wurzeln zu wahren sei wichtig. „Ein Schwein bleibt immer ein Schwein, auch wenn es im Kuhstall ist“, wagt Ömre Nazli einen bildhaften Vergleich. Sein Sohn Emre, der mit einer Deutschen drei Kinder hat, sieht das (lachend) pragmatisch: „Ich kann mir die Rosinen rauspicken, das Beste vom deutschen und türkischen Essen.“ Apropos: Zur Stärkung nach einem anregenden und aufschlussreichen Abend und einer Podiumsdiskussion, bei der die Koki-Geschäftsführerin Christine Müh von Joyceline Esaias unterstützt wird, gibt es im Schlosspark wieder ein reichhaltiges Büffet und die Gelegenheit, sich beim gemeinsamen Mahl weiter auszutauschen.

PFORZHEIM - DIE MISCHUNG MACHT'S REVISITED #5 | 0 | ab 0 Jahren | 90 Minuten