Die 120 Tage von Sodom

Die 120 Tage von Sodom

Pornografie oder Kunst? Pasolinis radikaler Film entfachte 1976 eine hitzige Zensurdebatte.

Movie Artwork

„Ich bin ein ernüchterter Mensch. Ich lag immer mit der Gesellschaft im Kampf. Ich habe sie bekämpft, und sie hat mich verfolgt, mir aber auch zu ein bisschen Erfolg verholfen. Jetzt liebe ich sie nicht mehr.“ (Pasolini) Er selbst erlebte die „Salò“-Premiere nicht mehr. In der Nacht zum 2. November 1975 wird er am Strand von Ostia bei Rom ermordet. Umstände und Hintergründe der Tat sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Nur wenige Tage nach seiner Beerdigung wurde „Salò oder die 120 Tage von Sodom“ in Italien, später auch in Frankreich verboten, da der Film den öffentlichen Anstand verletze.

In seinen stets Aufsehen erregenden Filmen richtete Pasolini seinen Blick stets auf zeitlose und archaische Themen: das Schicksal des Menschen, das bäuerliche Leben, die Religionen, die Sexualität und den Tod. Bei seiner Arbeit bewegte er sich stets außerhalb jeder Normalität, suchte und fand seine Bilder im Bereich der Provokation. In den „120 Tagen …“ zeigt Pasolini etwa in der Mitte seines Films ein Bankett, das er selbst als den „Höllenkreis der Scheiße“ bezeichnet hat. Bei dieser Szene verließen Zuschauer scharenweise den Saal, als der Film am 30. Januar 1976 in deutschen Kinos Premiere hatte. „Pasolini bedient sich des Werks von de Sade wie eines Steins, den er der italienischen Gesellschaft entgegenschleudert. Seine provokatorische Absicht ist es, die Gesellschaft aus ihrer Deckung hervorzulocken, um sie dazu zu zwingen, sich ihrer Verkommenheit und ihrer widerspruchsvollen Verdammung der Homosexualität zu entledigen.“ (Alberto Moravia, der mit Pasolini befreundet war) Hochkultur und die Niederungen der Barbarei als parallele gesellschaftliche Phänomeine schließen sich für Pasolini nicht aus, daher verlegt er die Handlung bewusst in die „Republik von Salò“, den Sitz von Mussolinis Republik von 1944 – und in der Hauptrolle: ein Adliger, ein Geistlicher, ein Bankier und ein Richter.

SALÒ | IT 1975 | Regie: Pier Paolo Pasolini | Mit: Paolo Bonacelli, Giorgio Cataldi, Hélène Surgère, Caterina Borato | ab 18 Jahren | 113 Minuten